Ich habe mich heute dazu überreden lassen, das Haus zu verlassen und den langen und beschwerlichen Weg mit der U-Bahn zum Alexanderplatz anzutreten. Der Alex ist der hässlichste, touristische, trashigste und überfüllteste Ort in Berlin, den ich kenne. Ich bin da nicht gerne.
Unser Ziel war ein großes und günstiges Sportgeschäft. Unser Vorsatz, weniger online einzukaufen, erfordert manchmal auch größere Opfer dieser Art. Abgesehen davon, dass von den zehn Dingen auf unsrer Einkaufsliste nur zwei im Korb landeten, war es ein erstaunlicher Ausflug. Da ich (wie vermutlich die meisten Leute, die in Berlin wohnen) den Alex tunlichst meide, war mir das Ausmaß der Groteskerie entfallen.
Menschen, die – an Seilen befestigt – von Hochhäusern springen.
Jesus-Bewerber.
Marktstände voll Krimskrams und geschmacklich fragwürdiger Bowle und Musik.
Menschenmassen, die sich in und aus Billigläden drängen.
Eine Möchtegern-Boygroup, umringt von Touristen.
Und jede zweite Person starrt auf oder durch ein elektronisches Gerät.
Betrunkene Einhörner, verkleidet als Junggesellen.
Und dann, mitten in all dem Trubel, ein Star in einer Pfütze. Stare, das sind Vögel. Sehr schöne Vögel. Etwas kleiner als eine Amsel. Das Gefieder bläulich-grün-gold-schwarz schimmernd und weiß getupft. Der Schnabel ist gelb, die Füße rot. Stare sind die Sorte Vögel, die sich im Herbst zu riesigen Flugformationen am Himmel zusammen finden. Schon mal gesehen? In Berlin kann man das kunstvolle Schauspiel am herbstlichen Abendhimmel über dem Dom gut bestaunen.
Ich sah diesem Star beim baden zu. Fasziniert davon, wie er bei all dem Tohuwabohu um ihn und mich herum, die Ruhe und Intimität zur Körperpflege fand. Und erstaunt darüber, dass er in all diesem Beton und Plastik auch das kleinste Stückchen vorhandener Natur genoss.
Da kann ich mir was von abgucken.
http://pinterest.com/ridingrhino/riding-rhino-friends
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