Keine Sorge. Dies ist nicht der 100.000te Artikel zu Doping im Radsport. Auch um die diesjährige Tour – bestehende Dopingverdachtsmomente oder den Ausschluss von Peter Sagan – geht es nicht. Nein. Hier geht es um das vernachlässigte Thema Umweltschutz und Radrennsport.
Ich frage mich schon lange, ob der ganze (umweltbelastende) Zirkus um die Tour de France und andere große Rennen wirklich sein muss. Klar, es geht hier um Profiradsport. Ein bisschen Zirkus muss schon sein. Das fördert das Ansehen und die Akzeptanz des Radfahrens in der Gesellschaft und kommt damit letztlich dem Umwelt- und Klimaschutz zu Gute. Doch als ich kürzlich in einer Randbemerkung in der Septemberausgabe der Procycling las, dass die Tour-Entourage aus 2000 Fahrzeugen inklusive zahlreicher Sattelschlepper besteht, blieb mir echt die Spucke weg. Da kurven 2000 stinkende P- und LKWs durch die deutsche, belgische, luxemburgische und französische Natur, nur um etwa 200 Radfahrer zu versorgen und bei Start und Ziel ein möglichst großes Spektakel zu veranstalten.
In der Tat „ist nicht abzustreiten, dass in 21 Tagen die 2.000 Fahrzeuge umfassende Tour-Entourage und ihre menschliche Fracht eine unberechenbar große Auswirkung auf die Umwelt haben“ (schreibt die Procycling). Und das, obwohl die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge in den letzten Jahren bereits reduziert wurde. Daneben wirken die ergriffenen Schutzmaßnahmen fast schon lächerlich. Fahrer wurden aufgefordert, ihren Müll nicht wegzuwerfen. Wow! Dass Müll nicht in die Natur gehört, wurde mir bereits mit fünf von meinen Eltern eingebläut. Dass es im französischen Live-Ticker neuerdings vor Beginn jeder Etappe Informationen zur örtlichen Artenvielfalt gibt, erscheint mir auch eher kosmetischer, wenn nicht gar zynischer Natur. A là „folgende bedrohte Arten werden heute mit Abgasen, Müll und Lärm der Begleitfahrzeuge belastet und dezimiert: Feldhamster, Kohlmaisen, Bergadler etc.“.
Wie die Procycling schreibt:
Aber das sind softe Maßnahmen. Irgendwann wird der Gigantismus der Tour genau gemessen werden und es wird sich herausstellen, dass er zu viel Müll produziert, zu frivol ist, zu sehr 20. Jahrhundert. Was wird dann kommen?
Tja was wird kommen – oder noch besser: was sollte kommen? Eine Rückkehr zu den Wurzeln des Radsports? Die Fahrer transportieren eigene Ersatzschläuche und Brotzeitboxen? Wie in den alten Zeiten müssen die Profis ihre Räder bei Defekten selbst reparieren, notfalls in der Dorfschmiede? Die Streckenplaner legen Ziel und Start der Etappen so nah aneinander, dass auf Inlandsflüge und Teambusse verzichtet werden kann? Statt Auf- und Abwärmen auf der Rolle, fahren die Sportler mit dem Rad vom Ziel- zum Startort? Sicher alles Maßnahmen die die Faszination des Radsports wieder näher an das frühere Ideal der „Helden der Landstraße“ heranbringen würde. Ob diese angesichts der Bequemlichkeit der Fahrer und den hohen finanziellen Interessen, die hinter dem professionellen Radsport stehen, realisierbar sind, ist leider zweifelhaft.
Realistischer, wenn auch weniger heldenhaft, erscheinen modernere Methoden. Elektroautos statt Verbrennungsmotoren. Geld für Umweltschutzprojekte in betroffenen Regionen. (Vegane) Riegel und Gels in kompostierbaren Verpackungen. Flaschenpfand auf Trinkflaschen. Das sind nur einige Ideen für eine, wenn nicht saubere, so doch reinlichere Tour (wie beim Doping eben auch). Wenn der Wille besteht wird es an kreativen Ideen nicht mangeln.
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